„Vater, Mutter, Kind“. War das nicht das Spiel, das wir in unserer Kindheit so oft gespielt und dabei die Zeit vergessen hatten? War das nicht auch immer aufregend, wen man jetzt heiratete und was das Kind jetzt durfte oder nicht? Auch wenn es zwischen Vater und Mutter mal krachte, irgendwie war doch klar und wichtig, wir bleiben zusammen und spielen weiter, stimmt`s?

Bei mir ist das jetzt vierzig Jahre her und ich frage mich, wie das Spiel wohl heute aussähe. Klar, Streit und Trennungen gab es schon immer. Aber so viele alleinerziehende Eltern gab es noch nie. In der Schweiz sind es 200.000 Haushalte; in Deutschland betrifft es 2.4 Millionen Kinder.

Happy End und Bäng!

Die häufigsten Alleinerziehenden sind Mütter. Und dies hat verschiedene Gründe. Die meisten sind schmerzhaft und weder Mutter noch Vater haben es sich so gewünscht. Denn am Anfang steht die Vision der Kernfamilie mit allem Drum und Dran und happy end.

Doch dann macht`s Bäng und das Drum und Dran wird Gegenstand eines Rosenkriegs. Happy End war vielleicht noch das Verliebtsein, auch noch die gemeinsam erlebte Geburt des ersten Kindes. Irgendwann später kam nur noch Dunkeltuten, dann die Trennung, der Umzug, die Scheidung, die Wut, die Trauer, der Kampf. Und allerspätestens hier entscheidet sich, dass es Gewinner und Verlierer geben wird.

Einer fehlt doch hier!?

Es gibt so viele unterschiedliche Gründe warum es Väter gibt, die im Leben ihres Kindes nicht oder nicht ausreichend präsent sind, wie es Lebensentwürfe gibt. Es ist vollkommen egal, wer dafür verantwortlich ist. Fakt ist: Einer fehlt! Und zwar ganz entscheidend!

Das Ende des Patriarchats in unseren Kreisen hat dank der feministischen Bewegung den Frauen zur Gleichstellung verholfen. Bitte nicht aufschreien! Ich weiss, noch nicht in allen Belangen, aber das ist jetzt nicht Thema. Durch die unbeschränkten Möglichkeiten, die insbesondere heutigen Frauen im Vergleich zu ihren Müttern und Grossmüttern zur Verfügung stehen, hat sich auch das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein von Frauen bzw. Müttern verstärkt. Ich habe schon von Frauen und Müttern gehört, dass sie gar keinen Mann oder den Vater ihres Kindes brauchen. Sie kriegen alles alleine gewuppt und geregelt. Im Falle der Frau mag das gut und schön sein, aber im Falle der Mutter ist dieser Gedanke fatal. Denn damit erhält der Vater des Kindes nicht die Wichtigkeit, die ihm zusteht

Zugegeben, es gibt auch Väter, die sich aus ihren eigenen heiligen Gründen von ihrem Kind entfernt haben. Der eigene tief sitzende Schmerz über den Verlust der Familie und der Lebensbasis kostet durch den Kontakt zum Kind jedes Mal viel Energie. Wenn sich dazu noch anhaltende Uneinigkeit über viele Themen gesellen, dann entladen sich diese in Streitereien mit der vergangenen Partnerin, die immer noch Mutter des gemeinsamen Kindes ist. Das macht den Umgang untereinander ziemlich schwierig. Das braucht Nerven, das braucht Kraft und innere Stärke. Doch manchmal fehlen diese Quellen und viele Väter und auch Mütter fühlen sich hilflos im Umgang miteinander. Dieser ist nämlich erforderlich, denn Mutter und Vater bleiben Eltern, egal wie viele ungelöste Themen umherschwirren und belasten.

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Mutti macht das alles!?

Man hört ja immer, dass beide Elternteile wichtig sind für das Kind. Wieso reicht denn nicht die Mutter? Wieso ist es denn nun so wichtig, dass der Vater präsent bleibt im Leben Ihres Kindes?

Das ist ganz einfach: Weil Ihr Kind zu je einem Teil aus seinen Eltern besteht! Jeder Mann und jede Frau haben sowohl weibliche als auch männliche Anteile in sich, die in guter Ausgewogenheit grundsätzlich zu einem ausgeglichenen Leben führen.

Bleibt ein Teil in der Kindheit „ungenährt“ oder wird verdrängt oder abgelehnt, kann sich dieser Teil nicht gesund entwickeln. Und dies wiederum hat einen grossen Einfluss auf die Beziehungen, die das Kind im späteren Alter eingehen wird. Nicht nur, dass Sie als Eltern eine Vorbildfunktion innehaben, von der Ihr Kind lernt, Sie wirken natürlich auch ganz unmittelbar auf die Entwicklung ihres Kindes ein und dienen als Identifikationsfiguren.

Der Vater nimmt gemäss tiefenpsychologischer Erklärungen bereits im Kleinkindalter eine entscheidende Rolle ein: Er löst das Kind aus der innigen, nährenden Beziehung zur Mutter und baut eine Brücke in die Welt da draussen. Da gibt es so viel zu entdecken und auszuprobieren. Der Vater übernimmt zumeist den progressiven Teil. Natürlich können das auch Mütter; sie praktizieren dies ja auch tagtäglich, wenn die Väter arbeiten. Und selbstverständlich nähren auch Väter ihre Kinder, indem sie sie füttern. Der Unterschied ist jedoch, dass mindestens in der tiefenpsychologischen Erklärung die Mutter evolutionsbedingt die Rolle der Nährenden und Tröstenden, während der Vater die Rolle des Progressiven, des „Kapitäns“ einnimmt. Dieser Ausgleich ist wichtig, denn Ihr Kind will die Welt die entdecken und nicht nur im Mutterschoss gefangen sein.

In der weiteren Entwicklung des Kindes wird es noch entscheidender. Fällt der Vater weg, fehlt eine lebenswichtige Identifikationsfigur. Das gilt sowohl für Mädchen als auch für Jungen.

Im Alter von ca. vier Jahren beginnt das Kind bewusst zu realisieren, welche Vorstellungen sich seine Eltern von ihm machen und wie sie es sehen bzw. bewerten. Weiss Ihr Kind, dass Sie denken, dass es ein wertvoller, liebenswerter und alles, was Ihnen sonst noch positives einfällt, Mensch ist, dann trägt Ihr Kind das in sich und entwickelt ein gesundes Selbstbild. Während dieser Phase der Identifizierung, von der die Entwicklungspsychologie spricht, ist es wichtig, dass Ihr Kind die Rückmeldung von beiden Elternteilen bekommt. Fehlt nun der Vater im Leben seiner Tochter passiert folgendes und zwar unbewusst:

Ich will doch nur geliebt werden!

Das junge Mädchen fühlt sich von einem Teil verlassen und fragt sich, ob es nicht gut genug sei, nicht genüge. In späteren Liebesbeziehungen wird diese junge Frau versuchen, sich die Anerkennung zu suchen, die ihr in ihrer Kindheit und Jugend gefehlt hat. Sie wird versuchen zu gefallen und sich vielleicht zu Dingen hinreissen lassen, die sie gar nicht möchte. Sie tut es, um zu gefallen, um geliebt zu werden.

Der junge Mann fühlt sich von einem Teil ebenfalls verlassen und fragt sich ebenso, ob er nicht gut sei, nicht genüge, es nicht wert sei, dass der Vater für ihn da ist. Die präsente Mutter bewirkt jedoch, dass sich der junge entwickelnde Mann von ihr unterscheiden muss. Er ist anders, ein anderes Geschlecht. Er muss sich also von ihr abgrenzen. Geht er später eine Liebesbeziehung zu einer Frau ein, kann es dazu kommen, dass er das abgrenzende Verhalten beibehält. Er wird weiterhin Macht demonstrieren, sich stark und dominant verhalten.

Was ist passiert? Mit dem fehlenden Vater haben sich eine verletzliche junge Frau und ein verletzlicher junger Mann entwickelt. Das jeweils andere Geschlecht wird unbewusst genutzt, um sich in seiner jeweiligen Rolle weiterhin sicher zu fühlen. Beide Geschlechter verfolgen jedoch nur ein Ziel: Sie wollen natürlich geliebt werden. Jedoch erreichen sie dies über ihre erfahrenen Rollen und nicht um ihrer selbst Willen. Dafür müssten sie sich öffnen, sich verletzlich zeigen. Und das fällt vielen Menschen schwer und ist ein anderes Thema.

Natürlich ist dies keine abschliessende Erklärung für mögliches problematisches Verhalten im Erwachsenenalter. Viele andere Faktoren inner- und ausserhalb der Familie kommen zu jeder Entwicklung eines Kindes dazu. Und selbstverständlich gibt es Menschen, die ohne Vater aufgewachsen sind und heute eine glückliche und selbstoffenbarende Liebesbeziehung führen.

Ich möchte Ihnen mit diesem Blog-Artikel eine Erklärung aus der Tiefenpsychologie mitgeben, weil sie gut verdeutlicht, dass ein Kind beide Geschlechter zum Aufwachsen braucht. Es gibt auch andere Erklärungsmodelle. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch erwähnen, dass es nicht zwingend der leibliche Vater sein muss. Eine andere männliche stabile und verlässliche Bezugsperson ist auch wertvoll. Das heisst jedoch nicht, dass der leibliche Vater, der gern im Leben seines Kindes präsent sein möchte, durch den sozialen Vater ersetzt wird. Vielmehr sollten die Ressourcen beider Männer dem Kind zugänglich gemacht werden. Und nicht in Konkurrenz stehen.

Liebe Mütter, ich weiss, dass es oft einfach gesagt ist. Ich weiss auch, dass die Umstände manchmal so dämlich liegen, dass es schwierig ist, den Vater ins Leben zurückzurufen.

Liebe Väter, ich weiss, dass ihr wollt und manchmal nicht könnt. Ich weiss auch, dass die Konstellationen es oft verhindern, sich mehr ins Leben des Kindes einzubringen.

Meine Einladung an die Mütter:

Fragt euch bitte folgendes: „Habe ich in meiner Rolle als Mutter wirklich alles gegeben, um meinem Kind den Zugang zu seinem Vater zu ermöglichen?“ „Welchen ersten Schritt könnte ich bewusst tun, um die Tür einen Spalt zu öffnen?“ „Was schwelt in mir, das mich hindert, einen ersten kleinen Schritt zu tun?“

Meine Einladung an die Väter:

Fragt euch bitte folgendes: „Habe ich in meiner Rolle als Vater wirklich alles gegeben, um wieder in Kontakt zu meinem Kind zu kommen?“ Welchen ersten kleinen Schritt könnte ich gehen um zu zeigen, dass ich das will und kann?“ „Was kann ich geben, damit dieser erste Schritt zur Tat wird?“

Nehmt euch einen Stift und ein Blatt Papier und 15 Minuten Zeit. Schreibt auf, was euch in den Sinn kommt und legt los. Jeder noch so kleine Schritt ist einer in die richtige Richtung. Ihr tut es nicht für euch. Euer Kind hat ein Geburtsrecht auf beide Elternteile. Ihr seid beide da! Zeigt euch beide!

Brauchen Sie Hilfe für diesen ersten Schritt?

Hier lernen wir uns kostenlos kennen und finden heraus, was Ihnen schon gelungen ist und was Sie noch brauchen, damit dieser Schritt gelingen kann.

Ich wünsche von Herzen Mut und gutes Gelingen!

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